Die Klimakrise ist längst nicht mehr nur ein abstraktes Zukunftsszenario. Sie beeinflusst bereits heute unseren Alltag – und zwar ganz konkret beim Einkauf im Supermarkt. Immer häufiger stellen wir fest, dass Lebensmittel teurer werden oder bestimmte Produkte plötzlich knapp sind. Doch was hat das mit dem Klimawandel zu tun? Und was bedeutet das für uns Verbraucher?
In einem Interview mit Professor Christoph Gornott vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wird deutlich: Die Klimakrise ist ein zentraler Treiber für steigende Lebensmittelpreise. Gornott erklärt, warum wir uns auf eine neue Realität einstellen müssen – und was wir dagegen tun können.
Wenn die Temperaturen steigen, steigen die Preise
Die Botschaft der Studie, die das PIK gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgeführt hat, ist eindeutig: Höhere Temperaturen führen zu höheren Preisen. Bis 2035 könnte die Nahrungsmittelinflation jährlich um bis zu 3,2 Prozent steigen, während die allgemeine Inflation um 1,18 Prozent zulegen könnte.
Ein extremes Beispiel war der Hitzesommer 2022, der die Lebensmittelinflation in Europa um 0,6 Prozent erhöhte. Und das ist erst der Anfang. Gornott warnt: „Die Erwärmung, die bis 2035 vorhergesagt ist, könnte diese Auswirkungen noch um 50 Prozent verstärken.“
Klimaflation: Ein neues Phänomen?
Der Begriff „Klimaflation“ (Kunstwot Klima + Inflation) macht die Runde, doch Gornott hält ihn für irreführend. Während Zentralbanken mit Zinspolitik auf klassische Inflation reagieren können, helfen solche Maßnahmen nicht gegen steigende Lebensmittelpreise. „Wenn Olivenöl knapp ist, hilft keine Zinserhöhung der EZB“, so Gornott.
Stattdessen müssen wir uns darauf einstellen, dass Lebensmittel nicht mehr in scheinbar unendlicher Menge und zu gleichbleibenden Preisen verfügbar sind. „Das System stößt durch den Klimawandel an seine Grenzen“, erklärt der Agrarwissenschaftler.
Was bedeutet das für unseren Einkauf?
Die Auswirkungen sind bereits spürbar:
- Olivenöl: Durch Trockenheit im Mittelmeerraum und das Feuerbakterium, das Olivenbäume befällt, ist Olivenöl knapp und teuer geworden.
- Kaffee: Schlechte Ernten in Peru, Brasilien, Vietnam und Ostafrika haben zu Engpässen geführt. Die Preise sind auf Rekordniveau, und die Qualität leidet. Bestimmte Sorten könnten bald ganz aus den Regalen verschwinden.
- Obst: Spätfröste und ungünstige Niederschläge haben in Deutschland zu Einbrüchen bei der Obsternte geführt. Kirschen und Erdbeeren werden teurer.
- Orangen: Florida und Kalifornien haben bereits den Orangennotstand ausgerufen.
Warum trifft es uns alle?
Der Klimawandel beeinflusst die Nahrungsmittelproduktion weltweit. Besonders stark betroffen sind die Tropen und Subtropen, aber auch in gemäßigten Breiten wie Deutschland nehmen die Schwankungen zu. „In nördlicheren Breiten sind die Effekte zwar weniger stark, aber umso heftiger“, so Gornott.
Hinzu kommt die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln, vor allem durch die steigende Mittelschicht in Ländern wie China und Indien. Mehr Menschen wollen teilhaben – doch die Produktion kann nicht immer mithalten.
Was können wir tun?
Gornott sieht durchaus Möglichkeiten, gegenzusteuern:
- Resiliente Anbausysteme: Agroforstwirtschaft, bei der Bäume mit Kulturpflanzen kombiniert werden, kann helfen, Böden zu schützen und Wasser besser zu speichern.
- Neue Sorten: Die Züchtung klimaresistenter Pflanzen ist langfristig eine Lösung, erfordert aber Zeit und Investitionen.
- Verbrauchersensibilisierung: Hinweise wie „Dieses Produkt unterliegt Ernteschwankungen“ können Verbraucher aufklären und für die Herausforderungen des Klimawandels sensibilisieren.
- Politische Unterstützung: Die Politik sollte mehr in die Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft investieren, anstatt Verluste zu kompensieren.
Gibt es Hoffnung?
Ja, sagt Gornott. Innovative Landwirte testen bereits neue Anbaumethoden, und es gibt vielversprechende Ansätze wie den Liberica-Kaffee, der als robuste Alternative zu Arabica und Robusta gilt. Doch um langfristig erfolgreich zu sein, braucht es mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Fazit: Wir müssen umdenken
Die Klimakrise verändert unsere Lebensmittelversorgung grundlegend. Teurere und knappere Produkte werden zur neuen Normalität. Doch wir sind nicht machtlos: Durch nachhaltige Landwirtschaft, politische Unterstützung und ein bewussteres Konsumverhalten können wir die Herausforderungen meistern.
Eines ist klar: Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Zeiten von immer verfügbaren und günstigen Lebensmitteln vorbei sind. Doch mit den richtigen Maßnahmen können wir dafür sorgen, dass unsere Ernährung auch in Zukunft sicher und bezahlbar bleibt.
Was denkst du? Bist du bereit, dich auf diese Veränderungen einzustellen? Teile deine Gedanken in den Kommentaren!